Daß ich bey meiner Lust, durch keinen Zwang mich quäle, Und meine Küsse niemals zähle, Das straft Philet, der schon zu alt zum Küssen ist. "Die Alten", lehrt er mich, "die pflegten auch zu küssen; Allein nicht aufzuhören wissen, Allein, so viel, wie du, zu küssen, Das Laster war noch nicht bey ihnen eingerissen; Ich habe selbst weit sparsamer geküsst." So soll ich denn, wann ich, Neära, dich umfange, Und trunken von der Lust, an deinem Halse hange, Wann mein entzückter Geist, der gern sich selbst vergißt, Auf deinen Lippen stirbt, mich erst mit Zweifeln plagen, Ob auch die Leute sagen, Daß ich zu viel geküßt? Neära hörts, und lacht, und klopft mir sanft die Wangen, Und giebt mir einen Kuß voll jugendlicher Glut, Dergleichen Mars von Venus nicht empfangen, Wenn er in ihrem Arm von Siegen ausgeruht. "Für wessen Urtheil denn", sagt sie, "scheut Thyrsis sich? In dieser Sache wider dich, Ist ja kein Richter, als nur ich."